wie könnte ich Deinem Ausflug zur Haute-Volée einer in ihrer Existenz bedrohten Partei besser kontern, als mit einer Beschreibung meiner Reise in die Niederungen der deutschen Presselandschaft, zur Regionalpresse. Wo ich mich wider besseren Wissens um eine Festanstellung bemühte.
Dazu sollten man wissen, dass in Zeiten, in denen jeder Mongo etwas mit Medien machen möchte, sich selbst Zeitungen wie diese nicht anders zu wehren wissen, als sich das Pack mit einem Assessmentcenter vom Leib zu halten. Schließlich kann man nicht bei jedem der Bewerber das Beherrschen der drei Grunddisziplinen Sprechen, Schreiben, Wissen voraussetzen; außerdem hat es des schönen Nebeneffekt, dass einem die eigene Publikation plötzlich wie die Henri-Nannen-Schule vorkommt.
So reiste ich also am Vorabend des Großes Deutsch-Tests nach Braunschweig. Du weißt, was Du Deinem potentiellen zukünftigen Arbeitgeber wert bist, wenn an der Rezeption des Hotels, das er für Dich auswählte, Trucker stehen, die einen Parkplatz für ihren Truck suchen. So verschwand ich umgehend in meinem mikroskopisch kleinen Zimmer, um dort Dr. House mit Schnee zu verfolgen. Das letzte mal sah ich wohl Fernsehen in dieser Qualität, als ich noch im kabellosen Haushalt meiner Eltern lebte und das terrestrische Fernsehen noch nicht abgeschaltet war.
Doch der Morgen versprach Besserung. Not. Bereits an der Tramhaltestelle traf ich auf ein Mädchen in einem Twin-Set, das ebenfalls zur Zeitung wollte. Nachdem sich in einem kurzen Gespräch herausstellte, dass sie weder Peter Zwegat noch den Begriff Diaspora kannte ("Ist das nicht irgendwas mit Juden?"), hatte ich einen Eindruck von den Mitbewerbern bekommen. Denn so waren sie alle. Du weißt, dass Du den falschen Umgang hast, wenn Du die einzige bist, die ein Pony und keine Pastelltöne trägt und Georg Mascolo nicht für den Eigenmarken-Herrenduft von Rossmann hält.
Nach ein paar einführenden Worten und dem Verzehr von zwölf Tassen Kaffee meinerseits ging es dann endlich los. Zunächst mit dem Schreiben eines Kommentars über die Testwahl in Hessen, den ich gänzlich auf Youtube-Wissen aufbaute. Es folgte zum Test der Teamfähigkeit eine Gruppenaufgabe in Form einer kleinen Blattkritik, die schon dadurch zum Scheitern verurteilt war, dass meine Mitstreiter den Begriff Leser-Blatt-Bindung nicht kannten. Statt dessen wollten sie gerne darüber sprechen, warum nicht die komplette Zeitung in Farbe gedruckt wird. Du weißt, dass Du bei einer Zeitung nicht arbeiten möchtest, wenn sie den Amoklauf von Kauhajoki zwischen Bill Kaulitz und Udo Waltz unter Vermischtes abhandelt. Diese Meinung durfte ich dann auch gleich der Chefradaktion mitteilen, mit der ich im anschließenden Gespräch die interessantesten Worte des Tages wechselte. Man glaubt dort nun, die chinesische Wirtschaft und dieser Herr seien meine Fachgebiete.
Mit ordentlich Kartoffelsalat im Bauch ging es dann weiter zum Wissens- und Bildertest, womit wir zu Peter Zwegat und dem fehlenden Wissen um dessen Existenz zurückkommen. Anders ist wohl nicht zu erklären, wie eine Teilnehmerin diese beiden Herren verwechseln konnte:
Im großen Finale des Tages entließ man uns dann in das, was man in Braunschweig als Stadt bezeichnet, um wahllos eine Reportage über eine ortsansässige Straße zu schreiben. Spontan entschied ich mich für den ansprechensten Part, die Kaffeetwete. Bezeichnender Weise könnte ein Usain Bolt sie in weniger als zehn Sekunden durchlaufen. Du weißt, dass Du in einer Stadt nicht heimisch werden kannst, wenn nach der besten Straße eine therapeutische Gemeinschaft gegen Drogensucht benannt wurde.
Womit alles gesagt wäre. Zur Ehrenrettung Braunschweigs möchte ich noch hinzufügen, dass am Bahnhof sehr praktische Automaten aufgestellt wurden, aus denen man statt Süßigkeiten oder Reclamheften nützliche Dinge wie Rasierer, Taschenlampen oder Ohrringe in Schmetterlingsform ziehen kann. Mein Kleingeld erlaubte mir den Erwerb von Neonstiften, in anderen Gefilden auch Textmarker genannt. Also bring Münzen mit, wenn Du mich demnächst in meiner persönlichen Diaspora besuchst.
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